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Diplom-Chemiker Heinz Krause, den langjährigen Leiter des Liquorlabors der Charite Berlin
Wie erst jetzt zu erfahren war, verstarb im Februar 2018 in Berlin unser Freund und Kollege, das Ehrenmitglied der DGLN, Heinz Krause im Alter von 92 Jahren. Seine vielfältigen Verdienste auf dem Gebiet der Liquordiagnostik erstreckten sich insbesondere auf die Proteindiagnostik und die Liquorzytologie, z.B. führte er als Erster die damals wegweisende Methode der Liquorelektrophorese auf Cellulose Acetatfolien durch und löste damit die bis dahin gebräuchlichen kolloidchemischen Verfahren wie Goldsol- und Normomastix-Kurve ab. Besonders hervorzuheben sind seine Arbeiten zur Standardisierung liquordiagnostischer Untersuchungsmethoden für das DAB 7 und AB 2 der DDR. Die Bestrebungen zur Qualitätssicherung der Liquorzytologie begleitete er aktiv von Beginn an mit dem 1. Stadtrodaer Seminar für Liquor-Zytodiagnostik im Jahre 1984, das später zum unseres Wissens weltweit einzigen Ringversuch vor Ort entwickelt wurde.
Neben dem sehr geschätzten Fachkollegen verlieren wir mit ihm einen liebenswerten, schlagfertigen und redegewandten Freund und Mitstreiter in vielen Lebenssituationen.
Wir werden Heinz Krause stets in ehrender Erinnerung behalten.
Ernst Linke, Jena
Klaus Zimmermann. Dresden
Hans-Jürgen Kühn , Leipzig
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Frau Dr. med. Brigitte Storch-Hagenlocher *16.12.1954 † 15.01.2018
Die DGLN trauert um Frau Dr. med. Brigitte Storch-Hagenlocher, die am 15.01.2018 nach schwerer Krankheit verstarb.
Die DGLN verliert mit Frau Dr. med. Brigitte Storch-Hagenlocher eine national bekannte und angesehene Neurologin mit besonderen Verdiensten im Aufbau und der Weiterentwicklung der Liquordiagnostik an der Neurologischen Universitätsklinik Heidelberg. Frau Dr. Storch-Hagenlocher begann nach einem Studium der Humanmedizin 1979 ihre Ausbildung an der Neurologischen Klinik des Universitätsklinikums Heidelberg und erhielt im Jahr 1984 die Qualifikation als Fachärztin für Neurologie. Sie war danach über viele Jahre als Oberärztin mit einem Schwerpunkt für entzündliche, infektiöse und seltene neurologische Erkrankungen tätig. Von 2011 bis 2015 leitete sie als stellvertretende Chefärztin die Außenstelle der Neurologischen Klinik in Sinsheim, zunächst mit Herrn Prof. Dr. med. Dr. h.c. Dipl. Psych. Werner Hacke und seit Herbst 2014 mit dem jetzigen Direktor der Neurologischen Klinik, Herrn Prof. Dr. med. Wolfgang Wick. Sie hat in dieser Zeit diese Abteilung entwickelt, geformt und zu einer höchst anerkannten neurologischen Einheit gestaltet.
Von Beginn ihrer Tätigkeit an zeigte sich Frau Dr. Storch-Hagenlocher verantwortlich für das traditionsreiche Liquorlabor, dem durch Pionierarbeiten von Herrn Prof. Dr. med. Wolfgang Kölmel auf dem Gebiet der Liquorzytologie in Deutschland frühzeitig hohe Anerkennung beigemessen wurde. Auch unter Leitung von Frau Dr. Storch-Hagenlocher, die besondere zytologische Expertise im Rahmen einer Ausbildung durch Herrn Prof. Dr. Manfred Rudolf Schmidt in Halle erwarb, blieb die Liquorzytologie stets ein Schwerpunkt des Liquorlabors. Sie hat außerdem wesentlich dazu beigetragen, dass das Methodenspektrum neben einer differenzierten Proteinanlaytik durch molekulare Verfahren erweitert und Nukleinsäure-Amplifikationstechniken für die Bearbeitung klinischer und wissenschaftlicher Fragestellungen etabliert werden konnten. So hat sie wegweisende Arbeiten zum Stellenwert der molekular ermittelten B-Zell-Klonalität bei Meningeosis blastomatosa publiziert und dieses Verfahren für die Routinediagnostik etabliert. Sie hat außerdem zahlreiche Buchbeiträge verfasst und war u.a. Autorin der deutsch- und englischsprachigen Version des Standardwerks „Neurologische Labordiagnostik; Referenzreihe Neurologie“ (Thieme Verlag 2006 und 2010, Herausgeber Brigitte Wildemann, Patrick Oschmann, Hansotto Reiber). Viele Assistenzärzte/innen verdanken ihr eine hochqualifizierte Ausbildung in Liquordiagnostik und die Begeisterung für dieses Fachgebiet.
Frau Dr. Storch-Hagenlocher hat das Liquorlabor bis zuletzt geleitet und in einer Zeit, in der der Fortbestand eigenständiger Liquorlaboratorien bedroht ist, unermüdlich dazu beigetragen, dass die Liquoranalytik in Heidelberg einen hohen Qualitätsstandard aufrechterhalten hat und methodisch innovativ weiterentwickelt werden konnte. Wir haben sie als außergewöhnliche, sehr gewissenhafte und engagierte Kollegin mit überaus vielseitigen Interessen, stets leisem und bescheidenem Auftreten und, durch glückliche Verbundenheit mit ihrer Familie, in sich ruhende Persönlichkeit kennengelernt. Wir vermissen sie als liebe Kollegin und Vorbild schmerzlich und werden Frau Dr. Storch-Hagenlocher ein ehrendes Ansehen bewahren.
Prof. Dr. med. Brigitte Wildemann für den Vorstand der DGLN
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Professor Dr. med. Manfred Rudolf Schmidt
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Im Jahre 1926 geboren, erlebte R. M. Schmidt die schwierigen Jahre der NS-Zeit als Kind und Jugendlicher gut behütet und relativ fern vom lebensbedrohenden Bombenkrieg im ländlichen Ostsachsen. Nach Abitur und anschließendem Studium der Medizin in entbehrungsreicher Nachkriegszeit, erhielt er am Ort seiner akademischen Ausbildung eine Stelle als Assistenzarzt an der Psychiatrischen Klinik der Friedrich Schiller –Universität Jena. Noch war zu diesem Zeitpunkt eine Trennung zwischen den Fachgebieten Psychiatrie und Neurologie nicht vollzogen. In einem Kreis deutlich neurologisch orientierter Kollegen wandte sich R. M. Schmidt schon frühzeitig drängenden Fragen der Liquorforschung zu. Es ist in diesem Zusammenhang nicht unerheblich, daran zu erinnern, dass in den frühen 50. er Jahren vorwiegend qualitative Untersuchungsmethoden wie z. B. Pandy-Reaktion oder Mastix- und Goldsol-Kurve, ebenso wie heute kaum noch bekannte Begriffe wie albumino-zytäre und albumino-kolloidale Dissoziation die Liqurdiagnostik bestimmten. Dessen ungeachtet erlaubte neben der
ausführlichen Anamnese, der kunstgerechten Untersuchung und dem Röntgenbild nur die Lumbalpunktion einen objektiven Blick ins ZNS. Den nun folgenden kontinuierlich Übergang zu differenzierenderen Untersuchungsmethoden z. B. in der Lquor-Proteindiagnostik, u.a. gekennzeichnet durch die Einführung der elektrophoretischen Proteinauftrennung, hat R.M. Schmidt sofort aktiv begleitet und durch eine Vielzahl von Publikationen bereichert. Das Kompendium „ Liquor-Agarelektrophorese „ (1972) beispielweise, war eine begehrte Arbeitsgrundlage in vielen Laboratorien.
Es war dem glücklichen Umstand zu verdanken, dass zu eben dieser Zeit am Arbeitsort eines ausgeprägt liquoraffinen Kollegenkreises 1954 in Jena die Sayksche Sedimentationskammer entwickelt wurde. So konnte auf der Grundlage einer entscheidend verbesserten Liquor-Zelldarstellung eine wichtige Weiterentwicklung der Liquorzytologie erreicht werden. Man darf in diesem Zusammenhang von der Bildung einer regelrechten liquorzytologischen Schule sprechen, deren Vertreter : Sayk und Olischer in Rostock, Schmidt in Halle, Wieczorek und Kluge in Jena, aber auch Krause in Berlin, Zimmermann in Dresden und Linke in Stadtroda, für eine bleibend hohe Qualität der Liquor- Zytodiagnostik in der
damaligen DDR und teilweise darüber hinaus verantwortlich zeichnen. 1958 ging R. M. Schmidt zusammen mit H Rennert, der einen Ruf als Ordinarius an die Nervenklinik der Universität in Halle angenommen hatte, als dessen Oberarzt von Jena nach Halle. Nur 1 Jahr später habilitierte sich R. M. Schmidt in Halle mit der Habilitationsschrift : „ Die quantitative Liquorpapierelektrophorese „ ,Experimenteller und klinischer Beitrag zur Liquordiagnostik neurologisch-psychiatrischer Krankheitsbilder“. Eines der wesentlichsten Ergebnisse dieser Arbeit war die nun auch elektrophoretisch gesicherte Erkenntnis, dass das MS-Krankheitsbid u.a. durch eine autochthone humorale Immunreaktion , eine Gammaglobulin-Erhöhung, gekennzeichnet ist. Etwa zu dieser Zeit wurde R. M. Schmidts bleibendes, ein Arbeitsleben lang wirkendes und in vieler Weise Früchte tragendes Interesse am Krankheitsbild der MS endgültig gefestigt.
In Halle ab 1959 zunächst als Dozent tätig, wurde er 1965 zum 1. Oberarzt der Nervenklinik ernannt und zum außerordentlichen Professor berufen. Gleichzeitig mit der Übertragung der Leitung der nun selbstständigen Neurologischen Abteilung erfolgte 1969 die Berufung zum ordentlichen Professor für Neurologie. Für den Ordinarius der Universität Halle bedeutete es eine ganz besondere Ehre, im Jahre 1979 als ordentliches Mitglied in die älteste deutsche Gelehrtenvereinigung : in die in Halle an der Saale ansässige Leopoldina aufgenommen zu werden.
Zusammen mit J. Sayk hatte R. M. Schmidt 1963 die „ Sektion Liquorforschung und klinische Neurochemie „ innerhalb der Gesellschaft für Psychiatrie und Neurologie der DDR gegründet. Diese wissenschaftliche Gruppierung, die von Anfang an auch der praktischen Liquordiagnostik in hohem Maße verpflichtet war, zeichnete sich durch eine wirkungsvolle Facharbeit und regelmäßig stattfindende Arbeitstagungen, teils mit Kongreßcharakter, aus. Ab 1990 konnte diese gut etablierte Arbeitsgruppe zu einer nunmehr gesamtdeutschen Arbeitsgemeinschaft erweitert werden, die zunächst als juristisches Mitglied der DGN fungierte, aber 1996 zu einer selbstständigen deutschen Gesellschaft, der „ Deutschen Gesellschaft für Liquordiagnostik und klinische Neurochemie „ ,DGLN, mit Sitz in Jena weiterentwickelt werden konnte. R. M. Schmidt hat diesen Weg durch die turbulente Zeit der Wende und Nachwende mit kollegialem Selbstverständnis und mit immer gern gegebenem fachlichen und manches Mal auch sehr persönlichen Rat treu begleitet. Inzwischen 65 Jahre alt geworden, wurde er durchaus nicht emeritiert, sondern in Anerkennung seiner hohen Fachkompetenz und sicher auch unter Beachtung seiner in schwieriger Zeit stets bewahrten persönlichen Integrität und der Distanz zur Doktrin des untergegangenen Staates, für weitere drei Jahre mit dem kommisarischen Direktorat der Neurologischen Universitätsklinik betraut. In dieser Zeit und auch danach war R. M. Schmidt im Rahmen von Fachkongressen und bei der Vorbereitung neuer Auflagen „seines „ MS- Buches, inzwischen erschien das nun zusammen mit F. A. Hoffmann herausgegebene Werk in 7. Auflage, weiterhin aktiv und für alle Fachkollegen jederzeit gern ansprechbar. Die besonderen Verdienste R. M. Schmidts in Neurologie und speziell in der Liquordiagnostik bestehen sowohl in der reichen wissenschaftlichen Publikationstätigkeit wie in der engagierten Teilhabe an den vielfältigen Formen aktiver Wissensvermittlung. Herausragend in diesem Sinne sind R. M. Schmidts Tätigkeit im Vorstand und als aktives Mitglied der
Arbeitsgemeinschaft für Liquordiagnostik und sein Wirken als wissenschaftlicher Berater, zusammen mit V. Wieczorek und H. Kölmel, für das „ Stadtrodaer Seminar für Liquorzyto-diagnostik „. Den Höhepunkt seiner Publikationstätigkeit darf man in der Herausgabe des in der 2. Auflage (1987) zweibändigen und etwa 1100 Seiten umfassenden Sammelwerkes „ Der Liqoor cerebrospinalis „ sehen. Sein ihm selbst in einem sehr persönlichem Sinne liebstes Werk sah R. M. Schmidt jedoch in dem mit einem überragend gutem Bildmaterial ausgestatteten „ Atlas der Liquorzytologie „ (1978). Von offenbar bleibenden Wert ist das im Vorjahr in 7. Auflage erschienene ,immer wieder ergänzte und verbesserte Fachbuch „ Multible Sklerose „. Nachdem ihm noch anläßlich seines 85. Geburtstages 2011 auf der MS-Tagung in Halle durch A. Karenberg eine alle Aspekte seines Wirkens berücksichtigende Würdigung zuteil geworden war, zog sich R. M.Schmidt altersbedingt weitgehend ins Private zurück. Am 15 Dezember 2015 ging sein arbeitreiches von Erfolg und Anerkennung geprägtes Leben zu Ende.
Wir haben mit Professor Dr. Manfred Rudolf Schmidt einen hochgeschätzten Kollegen, einen verdienten Liquorforscher , ein Ehremitglied unserer Gesellschaft, aber auch einen verständnisvollen und mitfühlend- freundlichen Menschen verloren, dessen Andenken wir ehrend bewahren werden.
Der Vorstand der DGLN.
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Prof. Dr. Hans-Joachim Meyer-Rienecker
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Die DGLN trauert um Prof. Dr. Hans-Joachim Meyer-Rienecker.
Das Ehrenmitglied unserer Gesellschaft ist am 22. Mai 2014 im Alter von 84 Jahren verstorben. Mit Prof. Dr. Hans-Joachim Meyer-Rienecker ist einer der Wegbereiter der Neuroimmunologie in Norddeutschland von uns gegangen. Als Lehrstuhlinhaber für Neurologie an der Universität Rostock von 1989 bis zu seiner Emeritierung im Oktober 1995 formte er über drei Jahrzehnte eine Forschergruppe aus Klinikern und Naturwissenschaftlern, die sich vor allem der Erforschung der MS mit allen ihren Aspekten verschrieb. Wir verehrten in Ihm nicht nur den Arzt und Wissenschaftler sondern auch den Menschen und begnadeten Hochschullehrer.
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Prof. Dr. med. Helmut Bauer
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Die DGLN trauert um Prof. Dr. med. Helmut Bauer. Das Ehrenmitglied unserer Gesellschaft ist am 16. Januar 2008 im Alter von 93 Jahren verstorben.
Mit Prof. Bauer ist einer der Nestoren der modernen Liquordiagnostik Deutschlands von uns gegangen. Wir verehrten in Ihm nicht nur den Arzt und Wissenschaftler sondern auch den Menschen und begnadeten Hochschullehrer.
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Am 31. März 1914 im Erzgebirge geboren, verbrachte er einen Teil seiner Kindheit in Siebenbürgen und wanderte 1922 mit seiner Familie nach Amerika aus. Zum Medizinstudium ging Helmut Bauer an die Berliner Charité, wo er 1938/39 promoviert wurde. Nach Militärdienst und Kriegsgefangenschaft arbeitete er in Hamm und Hamburg-Eppendorf, 1955 habilitierte er sich mit einer Arbeit über die “Einführung der Elektrophorese in die Liquordiagnostik und die Identität der Liquorproteine mit den Eiweißkörpern des Blutes” für das Fach Neurologie. Sie begründete sein Interesse für die Multiple Sklerose, die Zeit seines Lebens sein Hauptarbeitsgebiet blieb. 1959 gehörte Prof. Bauer zu den Gründungsmitgliedern der Kommission für Neurochemie der World Federation of Neurology. 1961 und 1962 folgte eine Gastprofessur an der St. Louis University, Ohio.
Von 1963 bis 1980 hat der international bedeutende Neurologe, Liquor- und Multiple Sklerose – Forscher die Abteilung Neurologie an der Universität in Göttingen aufgebaut und durch vielfältige wissenschaftliche Aktivitäten gleichsam zu einem “Mekka” der deutschen Liquor- und MS-Forschung entwickelt.
Prof. Bauer hat sich wie kaum ein anderer deutscher Neurologe für die Entwicklung der Liquordiagnostik eingesetzt. Beim Aufbau der Göttinger Neurologie ist ihm die Einrichtung einer innovativen Liquordiagnostik mit Schwerpunkt auf der Neurochemie sehr wichtig. Später wird dieser Bereich durch Prof. Hansotto Reiber als Leiter des Neurochemischen Labors und Prof. Klaus Felgenhauer als Nachfolger von Prof. Bauer weiterentwickelt und die Qualitätsstandards der modernen Liquordiagnostik deutschland- und europaweit maßgeblich mitbestimmt.
Unvergessen bleibt seine Mitwirkung an Veranstaltungen noch bis ins hohe Alter.
Wir werden ihn stets in ehrendem Gedenken behalten.
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Prof. Dr. Rose-Marie Olischer
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Am 24. Juni 2006 verstarb Frau Prof. Dr. Rose-Marie Olischer im 81. Lebensjahr nach schwerer Krankheit.
Am 25. September 1925 in Rostock geboren, war ihre Jugend geprägt vom Krieg und dessen Auswirkungen. Sie erlernte zunächst einen handwerklichen Beruf und schloss eine Fachausbildung als Vermessungszeichnerin mit anschließender Tätigkeit im Vermessungswesen ab.
Von 1954 bis 1959 studierte sie an der Universität Rostock Humanmedizin und promovierte mit einem Thema aus der Nervenheilkunde.
Nach Abschluss der Ausbildung zur Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie und nach ihrer Habilitation im Jahre 1969 („Die Zellreaktionen des Liquor cerebrospinalis“) wurde sie zur Oberärztin der Neurologischen Klinik der Universität Rostock ernannt. Es folgte 1970 die Facultas docendi und Lehrtätigkeit. 1976 wurde ihre umfangreiche wissenschaftliche Arbeit durch die Berufung zur außerordentlichen Professorin gewürdigt.
Ihre wissenschaftliche Arbeit auf dem Gebiet der Liquorfoschung hat wesentlich zur Profilierung der Rostocker Neurologie und damit auch zum internationalen Ansehen der Universität Rostock beigetragen. Beginnend 1962 baute sie ein liquorzytologisches Speziallabor auf, das eine Leiteinrichtung in der DDR war.
Sie hat Facharztkandidaten, aber auch viele Hospitanten des In- und Auslandes in dieses Spezialgebiet eingeführt und zahlreiche Diplomarbeiten und Promotionen betreut. Große Verdienste erwarb sie sich durch die maßgebliche Mitarbeit an der Standardisierung von Untersuchungsverfahren in der Liquorologie.
Frau Prof. Olischer war über ein Jahrzehnt Vorsitzende der Sektion Klinische Neurochemie und Liquorforschung der Gesellschaft für Psychiatrie und Neurologie der DDR, aus der 1994 die Deutsche Gesellschaft für Liquordiagnostik und Klinische Neurochemie hervorging, deren Ehrenmitglied sie war.
Zahlreiche Vorträge und über 100 Publikationen in Fachzeitschriften und wissenschaftlichen Sammelbänden dokumentieren ein Leben für die Wissenschaft.
Frau Prof. Olischer hat ihre ganze Kraft für die Patientenbetreuung, die Forschung, die Lehre sowie die Förderung von Nachwuchswissenschaftlern eingesetzt. Mit großer Fürsorge und Geduld sorgte sie sich um die ihr Anvertrauten. Als Hochschullehrerin und als Oberärztin vermittelte sie neben Fachwissen auch die ethischen Grundwerte ärztlicher Tätigkeit durch ihre Hingabe an die Patienten, durch ihr Verständnis, ihre Uneigennützigkeit und ihre Güte.
Mit Frau Prof. Olischer ist eine besondere Frau mit außergewöhnlichen Fähigkeiten und vielseitigen Interessen von uns gegangen. Bescheiden und selbstlos wirkte sie überzeugend sowohl im dienstlichen als auch im privaten Leben. Ihre ethischen Grundwerte als Ärztin entsprangen nicht zuletzt ihrer tiefen Ehrfurcht vor dem Leben. Wer mit ihr über unser Sein philosophierte, ging bewegt und bereichert aus solchen Gesprächen hervor. Die Liebe zur Natur war ihr Kraftquell und Herausforderung zugleich, was sich dem Eingeweihten auch in ihrem künstlerischen Wirken als Malerin zeigte.
Ich empfinde große Dankbarkeit für die Beförderung meiner fachlichen Entwicklung durch Frau Prof. Olischer, die mich schließlich in die Lage versetzte, das maßgeblich von ihr in Rostock aufgebaute Speziallabor für Liquordiagnostik in ihrem Sinne weiterzuführen.
Auch werden mir die erfrischenden Fachsimpeleien über Kunst und Literatur unvergessen bleiben.
Uns verband u.a. die gemeinsame Liebe zur Farbe Blau…
Das ewige Fallen
Im Wissen
um das Schöne
was gewesen
um das Gute
was bleibt
um die Dankbarkeit
die empfunden
ist alles auf Zeit
ist endlich
wie ein zartblauer Hauch…
(Reinhard Lehmitz)
Wir werden Frau Prof. Dr. Olischer ein ehrendes Andenken bewahren.
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Prof. Johannes Sayk
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Er verstarb plötzlich am 4.12.2005 im 83. Lebensjahr. Beeindruckend hat er seinen Lebensweg in der Autobiographie “Von den Masuren über Königsberg und Jena nach Rostock” (Altstadt-Verlag, 3. Aufl.) geschildert. Mit dem Medizinstudium in Jena begann nach den turbulenten Zeiten des 2. Weltkrieges der Neubeginn. Als junger Facharzt widmete er sich pathophysiologischen Themen. Die Entwicklung der nach ihm benannten Zellsedimentationskammer war ein Meilenstein in der Zytodiagnostik der zellarmen Zerebrospinalflüssigkeit (CSF) und machte ihn alsbald als namhaften Fachexperten über die Landesgrenzen hinaus bekannt.
Die Habilitation erfolgte 1956. Vier Jahre danach erschien seine erste Monographie “Cytologie der Cerebrospinalflüssigkeit”. Die nachfolgend deklarierten “Liquorsyndrome” ermöglichten auf der Basis des CSF-Differential-Zellbildes (Sayk) bei entzündlichen und vaskulären sowie durch Tumoren bedingten Erkrankungen des ZNS Rückschlüsse auf die pathomorphologischen Abläufe im Liquorgrenzflächenbereich. Eine Vielzahl von Hospitanten aus dem In- und Ausland kamen in sein Labor; etwa ein Dutzend Habilitationen entstanden zur Liquorzytologie.
1961 erfolgte die Berufung nach Rostock auf den ersten selbständigen Lehrstuhl mit Direktorat für Neurologie. Hier baute er bald eine zeitgemäße klinische Neurologie mit breitem Spektrum der diagnostischen sowie therapeutischen Verfahren und selbständigen Spezialgebiete auf neben der Liquorologie, die Neuroelektrodiagnostik, Neuroradiologie und neuen klinischen Funktionsprüfungen, bis zur Etablierung der Neuroimmunologie, der Neuroonkologie, der Intensivrehabilitation und der Schmerzbehandlung.
In zehn dieser Arbeits- und Forschungsbereiche erfolgten Habilitationen durch seine Oberärzte, die fast alle Chefarztfunktionen bzw. eine Professur mit Lehrstuhl erreichten. Während seines 28jährigen Wirkens wurden 510 wissenschaftliche Arbeiten publiziert und eine Vielzahl von Promotionen und Diplomanden betreut. Mit Hochachtung seien seine zahlreichen Publikationen, Handbuchartikel und Buchausgaben erwähnt. Eine Reihe von Tagungen und Symposien erfolgten stets mit nicht geringer internationaler Beteiligung.
Es war ein erfülltes Leben, geprägt durch Fleiß und unermüdliche Tätigkeit. Neue Ideen setzte er mit Ausdauer gegen Widerstand durch. Mit Güte und Fürsorge sorgte er sich um die ihm Anvertrauten. Sein Lebenswerk als Hochschullehrer, Arzt und Klinikchef fand weltweit Anerkennung: als Gründungsmitglied der CSF Research Group der World Federation of Neurology (WFN, 1957), der AG und späteren Gesellschaft für Liquorforschung und klinische Neurochemie (Ehrenmitglied), der Internat. Multiple Sclerosis Society, als langjähriges Mitglied der Dtsch. Akademie für Naturforscher Leopoldina, neben weiteren Ehrenmitgliedschaften (Dtsch. Ges. f. Neurol. bis zum Fellow of Royal Soc. Med. London); er erhielt zahlreiche Auszeichnungen und Medaillen.
In seiner Autobiographie “Von den masurischen Seen über Königsberg nach Jena und ‘”Rostock – Stationen eines Arztes und Forschers” (Altstadt- Verlag, Rostock) schildert er anschaulich Kindheit, erste Ausbildungszeit in der Biologie, den Einsatz als junger Fliegeroffizier sowie die Studienzeit mit der Prägung durch markante Persönlichkeiten an der traditionsreichen Medizinischen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Nach der Promotion 1950 und anfänglichem Interesse für die Neurochirurgie erfolgte seine fachärztliche Ausbildung an der Hans-Berger-Nervenklinik in Jena bei R. Lemke (dessen Lehrbuch fiir Neurologie und Psychiatrie friiher recht bekannt war).
Neben der klinischen Tätigkeit widmete sich 1. Sayk pathobiochemischen Themen, so dass ihm alsbald auch die Leitung des klinischen und experimentellen Laboratoriums der Univ.- Nervenklinik Jena übertragen wurde. Hier entwickelte er “seine” Sedimentkammer für die Zytologie der Zerebrospinalflüssigkeit (CSF) zusammen mit dem Zeiss-Mikrolaboratorium und der dortigen Patentabteilung. Die von ihm erarbeitete optimale Zelldarstellung im zellarmen Nervenwasser bot erstaunliche diagnostische Möglichkeiten mit Anwendung des Liquor-Differentialbildes sowie Deklarierung der “Liquorsyndrome” (später ergänzend der Tumorliquorsyndrome ).
Mit dem Thema der Liquorzytologie erfolgte 1956 die Habilitation, im selben Jahr die Ernennung zum Dozenten und zum Leiter der Abt. Neurologie der Klinik. Ein zwischenzeitlicher Arbeitsaufenthalt am Hirnforschungsinstitut von Oskar und Cecile Vogt in Neustadt/Schwarzwald führt zum anhaltenden Interesse für die Neuropathologie. Im Jahre 1960 erschien seine “Cytologie der Cerebrospinalflüssigkeit”, die über Jahre hinaus richtungweisend wurde. Auf dem Gebiet der CSF-Zytologie entstanden in den folgenden zehn Jahren etwa ein Dutzend Habilitationen im In- und Ausland.
Nach der mehrjährigen Leitung der Abt. Neurologie sowie des Hirnforschungslaboratoriums in Jena (und einer kurzen Lehrstuhlvertretung an der Medizinischen Akademie in Erfurt) wurde 1. Sayk 1961 auf den ersten selbständigen Lehrstuhl mit dem Direktorat für Neurologie an der Univ.-Nervenklinik Rostock berufen. Hier gelang es ihm schnell, eine zeitgemäße klinische Neurologie aufzubauen:
Er war mit Elan an der Etablierung eines breiten Spektrums der diagnostischen Verfahren interessiert. Neben der Liquorologie (jetzt Zentrallabor des Klinikums), dem kompletten Bereich der damals in Eigenregie geführten Neuroradiologie sowie der Neuroelektrodiagnostik waren es auch die klinischen Funktionsprüfungen, um die er sich durch Entwicklung neuer Testverfahren (u.a. Kleinhirn-Synergie-Test, thalamischer SchmerzBeugereflex) intensiv bemühte. Im Zusammenhang mit der zunehmend für die Neurologie Bedeutung erlangenden Multiple-Sklerose-Forschung und dem Interesse an den entzündlichen Erkrankungen etablierte sich etwa zeitgleich mit der Forschungsabteilung am Institut für Biochemie ab 1969 das neue Gebiet der Neuroimmunologie (bis hin zur Tumorimmunologie). Alsbald wurde auch die Neuroonkologie (Früherkennung, Polychemotherapie sowie psychosoziale Betreuung) in die Profilierung der Klinik aufgenommen. Weitere Bemühungen betrafen die Intensivrehabilitation nach Schädel-Hirnverletzungen (mit Wacheinheit – heutige Intensivstation) und die Schmerzbehandlung. In zehn dieser durch Prof. Dr. Sayk initiierten Arbeits- und Forschungsbereiche erfolgten ab Ende der 60er Jahre Habilitationen durch seine Oberärzte, fast alle erreichten eine Chefarztfunktion oder Professur bzw. Lehrstühle.
Während des 28jährigen Wirkens von Prof. Dr. Sayk wurden seitens der Neurologie Rostock 510 wissenschaftliche Arbeiten publiziert, zudem eine Vielzahl von Promovenden und Diplomanden betreut. Aus seiner eigenen Feder entstammen fünf Monographien (seine “Therapie neurologischer Erkrankungen” erreicht vier Auflagen). Eine Anzahl von Buch- und Handbuchbeiträgen sowie Originalarbeiten beschäftigten sich mit pathophysiologischen bis hin zu internistischen und neuropathologischen Aspekten. Bemerkenswert sind seine Enzymtheorie zur Metastasierung der Hirngeschwülste, seine Untersuchungen zur Quellbarkeit des kollagenen Faserwerkes der Leptomeninx bei Polyneuritiden und seine Korrespondenz mit dem Zellphysiologen O. Warburg (Atmungsferment). Ein wichtiges Anliegen war ihm die Durchführung einer Reihe von Tagungen und Symposien – mit stets nicht geringer internationaler Beteiligung – zu den verschiedenen in Rostock bearbeiteten Spezialgebieten. Die Klinik war eine häufige Hospitationsstätte für in- und ausländische Gäste (in deren Betreuung auch seine liebe Frau Dora einbezogen wurde).
Mit Vorbildwirkung und Selbstdisziplin widmete sich Prof. Dr. Sayk der von ihm stets als vorrangig angesehenen klinisch-ärztlichen Versorgung seiner Patienten, die sich dessen auch bewusst waren. Nicht zuletzt fühlte er sich der Aus- und Weiterbildung verpflichtet. Innerhalb der Lehrveranstaltungen waren ihm besonders die Seminare und Praktika wichtig. Dabei wurden Generationen von Ärzten die erforderliche Einstellung zur Ethik bei der Patientenbetreuung vermittelt. Er engagiert sich mit seinen Mitarbeitern – auch richtungsweisend – fiir die fachärztliche Ausbildung im Rahmen der Akademie für ärztliche Fortbildung Berlin.
Prof. Dr. Sayk war im Jahr 1957 ein Gründungsmitglied der CSF Research Group der World (Federation of Neurology und der Arbeitsgemeinschaft (nach 1992 Gesellschaft) für Liquorforschung und klinische Neurochemie (jetzt Ehrenmitglied) sowie jahrzehntelang im Advisory Board der International Multiple Sclerosis Society aktiv tätig. Seit 1968 ist er Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. Neben der Ehrenmitgliedschaft in der Deutschen Gesellschaft für Neurologie und der Academia Brasileira de Neurologia ist er Fellow of the Royal Society of Medicine London. Er bekam eine Reihe von Auszeichnungen, u.a. den Rudolf- Virchow-Preis, die Karl-Bonhoeffer-Medaille (Gesellschaft für Psychiatrie und Neurologie). Im Jahre 1989 erhielt er die Ehrendoktorwürde der Academia Medycznej Poznan. Im selben Jahr wurde er emeritiert. Danach war er nicht nur gutachterlich tätig, sondern bestrebt, weiterentwickelte, kombiniert Zell-Anreicherungsverfahren für die Liquorzytologie zu optimieren.
Nationale und internationale Anerkennungen
1957: Founder Member of Cerebrospinal Fluid Research Group of World Federation of Neurology
1965: Rudolf-Virchow-Preis
1968: Mitglied d. Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina
1972: Member of Advisory Board of International Multiple Sclerosis Societies
1987: Ehrenmitglied d. Deutschen Gesellschaft für Neurologie
1988: Karl-Bonhoeffer-Medaille d. Gesellschaft für Psychiatrie und Neurologie
1989: Ehrenmitglied d. Academia de Neurologia Brasiliens
1989: Ehrendoktor d. Academia Medycznej Poznan, Polen
1991: Fellow of The Royal Society of Medicine London